F. W. Taylor, Leadership und der dreifache Mut im Projektmanagement

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Projektmanagement geschieht im Spannungsfeld zwischen den Ansprüchen der Stakeholder einerseits und den Erwartungen der Teammitglieder anderseits. Beide Erwartungshaltungen sind nicht oft disjunkte Mengen und überlappen sich nicht. Das ergibt den Nährboden für Frustrationen im Grenzbereich der Erwartungen und bringt Konfliktpotenzial mit sich. Dabei hilft es nicht, Leitenden im Projektmanagement auch noch Demut zu predigen. Eine neue Sicht auf dreifachen Mut, der im Projektmanagement erforderlich ist, wird notwendig.

Projektmanagement: Die Ziele

Im Projektmanagement gibt es nicht nur das Ziel, das Projekt zu Ende zu bringen. Es gibt gleich drei Ziele oder
Optimierungskriterien. Diese Kriterien sind das Projektziel, der Fertigstellungstermin und der damit verbundene Aufwand.

Erste Erwartungen: Stakeholder

Die Erwartungen der Stakeholder an die Projektrealisierung konzentrieren sich auf den Projekterfolg. Davon abgeleitet soll das Projektmanagement mit Durchsetzungsstärke agieren. Als Sinnbild für diese Anforderungen wähle ich den Arbeitsingenieur Frederick Winslow Taylor. Er gehörte zu den Ersten, die den Arbeitsprozess wissenschaftlich unter die Lupe nahmen. Immerhin war er damit außerordentlich erfolgreich. Deshalb ist
Taylorismus bis heute auch ein Trendbegriff. Für die einen geht bei diesen Erwartungen es um Produktivitätssteigerung, während es den anderen der Beschreibung von überzogener Ausbeutung dient.

Zweite Erwartungen: das Team

Auf der anderen Seite möchte das Team verständnisvolle und aufmerksame Ansprechpartner haben. Und es soll fachliche Kompetenz hinzukommen. Diese mehrfachen Erwartungen beanspruchen zusätzlich. In diese an sich schon belastende Situation geben Coaches und Transformer die Idee von der
Leadership. Hier kommen weiche Faktoren wie Charisma, Begeisterungsfähigkeit als Erwartungshaltung zum Tragen.

So entsteht mehr und mehr das Bild vom Projektmanager eines Supermenschen. Dieses Bild ist idealisiert und wird in der Praxis selten erreicht. Dabei wird Demut oft fehlinterpretiert.

Der erste Mut: Demut

Demut wird heute im Allgemeinen religiös verstanden und bezeichnet die Eigenschaft sich unterordnen zu können. Im oben beschriebenen Setting führt Ein- oder Unterordnung oft zu seelischen Nöten. Ursprünglich bedeutet Demut dienstwillig und beschreibt für mich die Eigenschaft sich für etwas mit Hingabe einzusetzen. Ohne Hingabe und Leidenschaft lässt sich in keinem Projekt etwas bewegen.

Der zweite Mut: Santfmut

Wer sich mit Hingabe für etwas einsetzt, steigert sich mitunter in Dinge hinein. Dabei existiert die Welt seit langem ohne uns. Sie wird auch lange nach uns weiter sein. Manchmal entsteht der Eindruck, dass sich alles um einen herum verschworen hat. Noch eine Prüfung für das neue Produkt, noch eine Abnahme, noch ein Prozessschritt, der nicht vorhersehbar war. Das zehrt ungemein am Nervenkostüm.

Wer mit Ruhe und Gelassenheit an die Dinge geht, nimmt wahr, dass die meisten Projekte nicht der Nabel der Welt sind. Das hilft – nach meiner Erfahrung mindestens gelegentlich – mit weniger Bitterket auszukommen, wenn die Verhältnisse um einen herum nicht sind wie gewünscht.

Der dritte Mut: Langmut

Wer die Hürden der Prozesse und Abläufe genommen hat, stolpert unweigerlich über Unzulänglichkeiten. Dabei gelingt es am besten, die Unzulänglichkeiten der anderen zu erkennen. Manche schaffen es auch, eigene Unzulänglichkeiten zu sehen. Beide Erfahrungen schaffen ein großes Potential von Unbehagen.

Auf lange Sicht zahlt es sich nicht aus, ungeduldig mit sich selbst und anderen zu sein. Beispiele kann ich mir sicher sparen. Es hilft im Alltag, den Mut zu haben, Menschen zu ertragen, selbst wenn man sich an ihnen rächen könnte. Diese Geduld hilft nicht nur bei anderen, auch bei sich selbst. Mit Langmut die Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht nur zu ertragen, sondern sie zu erkennen und gezielt einzusetzen, hilft wahrscheinlich ohnehin besser als ständig gegen die Mitmenschen anzurennen.

Bildquellen

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  • Diethelm Dahms ist leidenschaftlicher Testmanager, Softwaredesigner und Voice User Interface Enthusiast. Seit 2003 ist er mit der Speech & Phone selbständig und in Projekten der Telekommunikation, Versandhandel, Logistik aktiv.Er ist Co-Autor des Voice Compass.
    Seine Web-Seite ist https://speech-and-phone.de

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